Die Statue
Der Held stand auf dem Sockel - in Bronze gegossen und überlebensgroß.
Strahlend demonstrierte der eindrucksvolle Hüne seine Kraft und seinen
Ruhm. Bei freundlichem Wetter funkelte das glänzende Metall im Scheine
der Sonne, während an verregneten Tagen die Wassertropfen fast ehrfürchtig
am athletischen Körper der Statue zu Boden rannen. In
den ersten Monaten nach der Einweihung des Denkmals kam jeden Tag ein
Bediensteter der Stadtreinigungsbetriebe vorbei, um den stolzen Heroen
blitzblank zu polieren und auch den Unrat zu beseitigen, der sich im näheren
Umkreis des Sockels befand. Keine Zigarettenkippe und kein achtlos weggeworfener
Kaugummi konnte den strengen und aufmerksamen Blicken des Bediensteten
entgehen. Eines
frühen Morgens, als es in Strömen regnete und noch kein Mensch auf den
Straßen zu sein schien, verließ ein betrunkener Vorruheständler seine
nahegelegene Wohnung, um sich eine Schachtel Zigaretten am Automaten zu
besorgen. Sein Blick fiel auf den leeren Sockel des Denkmales,
so daß er verwirrt nähertrat, um sich zu vergewissern, daß ihm der Alkohol
keinen Streich spielte. Und da lag sie - die Statue! Mitten im Rinnstein
und der Länge nach durchgebrochen. Welche Kraft war wohl notwendig gewesen,
um solch einen Brocken Metall aus der Verankerung zu reißen? Dazu hätte
man einen PS-starken LKW gebraucht. Mindestens. Und warum hat keiner der
Anwohner etwas bemerkt, als die Statue zu Boden fiel? Der Vorruheständler
schüttelte nur den Kopf und schlurfte durch den Regen zurück zum Zigarettenautomaten.
Nachdem er die Schachtel seiner Lieblingsmarke in Empfang genommen hatte,
drehte er sich noch einmal zum Denkmal um und meinte schulterzuckend zu
sich selbst: "Nu isses weg!" . |